Freelancer Gazette 001 – Marktbeobachtung (1. Halbjahr 2023)

Freelancer Gazette 001 – Marktbeobachtung (1. Halbjahr 2023)

Ich freue mich sehr, dir die erste Ausgabe der Freelancer Gazette präsentieren zu können. Mit dieser regelmäßig erscheinenden Publikation möchte ich dich regelmäßig mit wichtigen und nützlichen Informationen versorgen. Als IT-Freelancer, der bald 25 Jahre selbstbestimmt tätig ist, weiß ich aus eigener Erfahrung, wie herausfordernd es sein kann, sich auf dem Markt zu behaupten.

Für die Freelancer Gazette werde ich in der Regel ein Hauptthema setzen. Jede Ausgabe wird ein Schwerpunktthema behandeln. Mir geht es dabei weniger um Aktualität als darum, wichtige Themen umfassend zu beleuchten. Denn ich halte kaum etwas für gefährlicher, als den eigenen Blick einzuschränken.

Jedes Thema hat viele verschiedene Facetten. Zu oft sehe ich, dass festgefahrene Meinungen hart verteidigt werden, nur um recht zu behalten. Manchmal auch, um die eigenen Vorurteile zu bestätigen. Ich will nicht recht haben und behalten. Mir geht es vielmehr darum, Möglichkeiten zu entdecken oder frühzeitig auf Gefahren aufmerksam zu werden. Daher bin ich immer offen für eine sachliche und konstruktive Diskussion, die allen Beteiligten weiterhelfen kann.

Mit dieser ersten Ausgabe möchte ich dir nahelegen, den Markt, auf dem du dich bewegst, genau zu beobachten. Viele Entwicklungen nehmen Einfluss auf deine Situation als Freelancer. Momentan beginnt der Markt abzuflauen. Das bedeutet unter Umständen weniger Aufträge. In der Folge könnte es sein, dass du weniger Umsatz und damit weniger Einkommen erwirtschaften kannst.

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Die Freelancer-Studie 2023 von freelance.de

Das Portal freelance.de hat Anfang dieses Jahres eine Befragung durchgeführt, an der etwa 1.350 Freelancer teilgenommen haben. Wie repräsentative das ist, weiß ich nicht. Bei der aktuell herrschenden Marktlage scheinen mir die Ergebnisse jedoch plausibel.

Hier ein paar Punkte, die mir in Bezug auf meine Marktbeobachtung interessant erscheinen:

  • Rund 70 Prozent der Freelancer sind mit ihrer finanziellen Situation zufrieden. Unter den IT-Freelancern sind es sogar 80 Prozent.
  • Die durchschnittlichen Stundensätze sind bei Frauen niedriger als bei Männern. Hier existiert ähnlich wie bei Festangestellten der sogenannte Gender Pay Gap. Ich halte allerdings nicht viel von solchen Durchschnittsangaben. Da bleibt mir zu viel unberücksichtigt.
  • Der Fachkräftemangel und der demografische Wandel wirken sich positiv auf das Geschäft der Freelancer aus.
  • Die meisten Freelancer finden es momentan leichter, an Projektaufträge zu kommen als noch die Pandemiejahre zuvor.
  • Im Jahr 2023 haben circa 38 Prozent der Freelancer ihren Stundensatz erhöht. Ein gutes Zeichen dafür, dass die Unternehmen dringend Unterstützung suchen.
  • Eine unschöne Entwicklung als Folge der unsicheren Rechtslage für Soloselbständige in Deutschland: Inzwischen erhalten schon 44 Prozent der Freelancer Projektangebote, die über Arbeitnehmerüberlassung umgesetzt werden sollen. Etwa 20 Prozent haben sich auch schon darauf eingelassen. So um die 50 Prozent der Freelancer lehnen Aufträge in Arbeitnehmerüberlassung strikt ab.

Den wichtigsten Punkt möchte ich zum Schluss kommentieren: das vom Gesetzgeber geschaffene Umfeld. Die Rechtslage in Deutschland ist für Soloselbständige und sie beauftragende Unternehmen unsicher. Die Unternehmen müssen hohe Strafen bzw. Nachzahlungen fürchten, falls einer ihrer Beauftragten als scheinselbständig eingestuft wird. Daher befürchten viele Freelancer, dass sich Unternehmen dadurch von der Beauftragung von Freelancern abhalten lassen. Dies begünstigt die Arbeitnehmerüberlassung, welche die meisten Freelancer ablehnen.

Mich verwundert es nicht, dass viele Freelancer mit den rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen unzufrieden sind. Zur unsicheren Rechtslage kommt die Vernachlässigung der Solounternehmer durch die Politik. Immerhin haben über 1 Million Soloselbständige einen Arbeitsplatz für sich selbst geschaffen. Kaum ein Politiker scheint zu erkennen, wie wichtig Soloselbständige für die gesamte Wirtschaft sind. Dazu kommt ein starkes Innovationspotenzial.

Mitglieder von freelancer.de dürfen die Studie kostenlos herunterladen, wenn sie angemeldet sind: https://www.freelance.de/marktstudien.html.

Kommentare zur Freelancer-Studie 2023

Sowohl der Blog von freelance.de als auch das IT Freelancer Magazin kommentieren die aktuelle Studie. Einen kurzen Überblick bietet der Blogbeitrag des IT Freelancer Magazins:

Im ersten Teil stellt das IT Freelancer Magazin die Stundensätze und die Zufriedenheit der Freelancer in den Vordergrund. Dann geht es noch auf die politische Situation und die Marktlage ein.

Auch freelance.de stellt die positive Entwicklung der Vergütung für Freelancer in einem Artikel zur Verfügung. Dort lautet der Titel: Hoch qualifizierte Freelancer in Deutschland sind sehr zufrieden – wenn nur die Politik nicht wäre!

https://www.freelance.de/blog/wie-zufrieden-sind-freelancer-in-deutschland-studien-ergebnisse/

Eine große Zahl von Freelancern ist sowohl mit den rechtlichen Rahmenbedingungen als auch mit der politischen Unterstützung für Selbständige äußerst unzufrieden. In einem Schaubild wird die finanzielle Zufriedenheit der politischen Zufriedenheit gegenübergestellt. Wirklich krass.

In einem weiteren Artikel stellt freelance.de die günstige Entwicklung der Honorare und Stundensätze heraus. Angesichts der vergangenen und aktuellen Krisen scheint dies bemerkenswert. Auf der anderen Seite steht der Steigerung der Stundensätze eine hohe Inflationsrate gegenüber.

Wir Freelancer haben genau wie alle anderen mit der Inflation zu kämpfen. Diese ist zwar wieder von 8,8 Prozent (Oktober 2022) auf 6,1 Prozent (Mai 2023) gesunken. Auf der anderen Seite werden die Kosten (vielleicht bis auf Kraftstoff) kaum weiter sinken. Daher betrachte ich es als einen wahren Segen, dass wir inzwischen häufig die Möglichkeit bekommen, von zu Hause aus zu arbeiten. Das spart nicht nur wertvolle Zeit, sondern auch Reisekosten.

Hier ist der Artikel nachzulesen: https://www.freelance.de/blog/wie-sich-honorar-und-stundensatz-der-freelancer-entwickelt/

Die Nachfrage nach IT-Dienstleistungen ist offensichtlich ungebrochen

Momentan herrscht ein großer Bedarf an externen Dienstleistern, zumindest dann, wenn man die vergangenen Monate betrachtet. Das IT Freelancer Magazin berichtet über eine Untersuchung von Lünendonk & Hossenfelder. Im Jahr 2022 stiegen demnach die Ausgaben für externe IT-Dienstleistungen. Die Krisen der letzten Jahre wirken sich also im IT-Sektor wenig aus. Der IT-Freelancer-Markt konnte trotz aller Herausforderungen wachsen. Vielleicht wirst du dies aus eigener Erfahrung bestätigen können.

Hier geht’s zum Artikel:

Zu diesem Thema möchte ich auf die SOLCOM Marktstudie: „Ausblick auf den Projektmarkt 2023“ hinweisen. Anfangs des Jahres 2023 war das Geschäftsklima günstiger, als es sich jetzt zeigt. Trotzdem sehe ich momentan noch einen hohen Bedarf an Freelancern. Das entspricht den Erwartungen der 1098 Freelancer, die Anfang des Jahres befragt worden waren. Hier geht’s zum Artikel:

https://www.freiberufler-blog.de/marktstudie-ausblick-auf-den-projektmarkt-2023/

Fachkräftemangel in der IT weiter auf hohem Niveau

Im Rückblick auf das Jahr 2022 hat der Fachkräftemangel in IT-Berufen einen Höhepunkt erreicht. Das dürfte die Nachfrage nach Interimslösungen, als nach IT-Dienstleistern steigern. Letztes Jahr war demnach ein gutes Jahr, um eine Selbständigkeit als IT-Spezialist zu beginnen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass viele Projekte unterbesetzt sind. Leider liegt das nicht immer daran, dass keine entsprechenden Fachkräfte gefunden werden. Doch das ist hier nicht das Thema. Die Chancen, als freischaffender IT-Spezialist an einen Vertrag zu kommen, stehen immer noch gut. Hier der Artikel zum Thema:

https://www.cio.de/a/fachkraeftemangel-bei-it-jobs-auf-rekordniveau,3713073

Bunte Grafik: Mann zeigt eine PräsentationEine Zusammenstellung aller verlinkten Seiten dieser Ausgabe der Freelancer Gazette findest du hier auf Flipboard: https://flipboard.com/@heinrichten2023/it-freelancer-gazette-ausgaben-2023-qcuuef99y
Verlinkte Artikel bei Flipboard

Fazit / Schlusswort

Mitte 2023 sieht die Marktlage für Freelancer recht günstig aus. Die Auftragslage scheint stabil und verspricht, es noch eine Weile zu bleiben. Wer sich aus den Fesseln seines Angestelltenverhältnisses lösen will, hat immer noch gute Chancen dazu.

Ein Viertel der Unternehmen beauftragt Freelancer

Ein Viertel der Unternehmen beauftragt Freelancer

Eine brandneue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft unterstreicht die essenzielle Bedeutung von IT-Freelancern. Laut der Untersuchung setzte rund ein Viertel aller deutschen Unternehmen im Jahr 2021 auf freiberufliche oder selbstständige Experten. Besonders in Zukunftsfeldern wie der Digitalisierung sind eigenständige Spezialisten gefragter denn je.

Verteilung Freelancer – Fremdpersonal

Die Unternehmen rekrutieren temporäre Spezialisten laut der Studie aus sogenannten Solo-Selbstständigen und Werksvertragsbeschäftigten von Fremdfirmen. Es wäre interessant zu erfahren, woher diese Werksvertragsbeschäftigten stammen. Ich vermute, dass darunter auch Solo-Selbstständige sind, die sich zum Einsatz über Arbeitnehmerüberlassung haben überreden lassen.

Von den 26,5 Prozent eingesetztem Fremdpersonal entfallen 16,2 Prozent auf echte Freelancer. Die Studie beziffert den Anteil von „freien Mitarbeitern/Solo-Selbstständigen und Werksvertragsbeschäftigten von Fremdfirmen“ auf 5,7 Prozent. Hierbei vermute ich, dass ein großer Anteil in Arbeitnehmerüberlassung tätig ist. Die restlichen 4,6 Prozent sind Mitarbeiter von Fremdfirmen.

Freelancer ersetzen kein Stammpersonal

Ein essenzieller Punkt, der mir auffällt, ist die Aussage bezüglich der Gründe, aus denen Unternehmen auf Fremdpersonal zurückgreifen. Fast 50% der Unternehmen geben an, dass sie damit Unsicherheiten und Risiken eindämmen möchten, wie auf Seite 13 der Studie zitiert wird. Ein gleich hoher Anteil hofft auf eine qualitative Verbesserung ihrer Prozesse und Produkte. Jedoch gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass freie Mitarbeiter das Stammpersonal der Unternehmen ersetzen sollen.

Insgesamt bietet die Studie einen wertvollen Überblick über die Anforderungen des Marktes. Für uns IT-Freelancer erscheint die momentane Marktlage erfreulich. Jedoch schwebt weiterhin das Damoklesschwert der sogenannten Scheinselbständigkeit über uns. Die Regierung scheint nach wie vor nicht zu beabsichtigen, die herrschende Rechtsunsicherheit aus der Welt zu schaffen. Diese Situation hält Unternehmen häufig davon ab, Freelancer zu beauftragen. Das Modell Arbeitnehmerüberlassung erscheint ihnen sicherer.

Wo gibt’s die Studie?

Diese Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft bietet zahlreiche Beispiele, veranschaulicht Zusammenhänge durch anschauliche Diagramme und gibt einen Überblick über die Thematik. Die umfangreiche PDF-Datei, die kostenlos heruntergeladen werden kann, umfasst ganze 70 Seiten.

https://www.iwkoeln.de/studien/oliver-stettes-der-einsatz-von-solo-selbststaendigen-und-angehoerigen-von-fremdfirmen-in-deutschen-unternehmen.html

Trotzdem befürchte ich, dass auch diese Studie den deutschen Gesetzgeber kaum dazu veranlassen wird, über eine Verbesserung nachzudenken. Die unsichere Gesetzeslage bezüglich Solo-Selbstständiger und Fremdfirmenangehöriger wird also so bleiben, wie sie ist. Es scheint, als ob die Regierung noch immer daran glaubt, dass ausschließlich Arbeitnehmer die Rentenkasse füllen können. Doch diese Denkweise sollte dringend überdacht werden. Schließlich haben sich seit Bismarcks Zeiten viele Dinge grundlegend verändert.